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Coronare Herbergsuche

oder: es kann nämlich auch trotz Corona herzerfrischende Wendungen in der Weltgeschichte geben

Wir leben in einer völlig verrückten Zeit. Das sag ich jetzt einfach einmal so, aus dem Bauch heraus, ohne jegliches wissenschaftliches Fundament. Zuerst mussten wir - Corona sei Dank - die Kirchen zusperren, während wir Messe feiern wollten, damit nicht unabsichtlich mehr als fünf Menschen dabei sind.

Dann mussten wir die Kirchentüren sperrangelweit geöffnet halten während der Messe, damit die coronare Luft hinauskonnte und die frische herein.

Und jetzt ist es vor allem wichtig sich nicht zu rühren, nichts zu sagen und nicht zu singen und das möglichst weit voneinander entfernt, um niemanden anzustecken.

Nun feiert die Evangelische Kirche jährlich den Reformationstag als den großen Feiertag, an dem der Luther Martin seinerzeit seine Thesen bezüglich eventueller Irrwege der katholischen Kirche von damals veröffentlichte. Mangels Internet hat er sie einfach an die nächste Kirchentür genagelt, was in einer Zeit, in der noch alle in die Kirche gekommen sind, auch sehr effektiv war. Naja, jedenfalls hat sich aus dem heraus dann die evangelische Kirche etabliert, und das ist wohl ein triftiger Grund zum Feiern. Jetzt in erster Linie einmal für die evangelischen Gemeinden. (Liebe Leserinnen und Leser: das war alles sehr flapsig formuliert. Es war natürlich nicht irgendeine Kirchentür, und zwischen Veröffentlichen seiner Thesen und der Etablierung der Evangelischen Kirche lagen zumindest 30 schreckliche Kriegsjahre (siehe auch: Berlin Meerbaumhaus - Zeitreise mit Exkursen), ich weiß, aber das ist hier keine wissenschaftliche Seite, sondern eine Eventnachlese...)

Wir wurden wiederum eingeladen! Über Ebi, unseren iranischen Freund, der in der evangelischen Kirche in Feldbach zu Hause ist, haben Karin und Georg immer wieder Kontakt zur evangelischen Gemeinde Feldbach und Gleisdorf (die werden beide von der gleichen Pfarrerin betreut), und wir hatten tatsächlich vereinbart, dass die KSA diesen Reformationstag in beiden Kirchen musikalisch umrahmt. Geplant wurde im Sommer schon und alle wollten dabei sein (wir wären tatsächlich acht SängerInnen gewesen!). Jetzt haben sich die Zeiten gegen Herbst hin wieder verändert, die Kontakte mussten wieder reduziert werden und wir konnten im Endeffekt nur zu fünft mitmachen.

Und noch ein anderes Problem stand im - äh ja - Raum: 

Die Evangelische Kirche in Feldbach (also das Gebäude) ist nicht wirklich groß und die evangelische Kirche in Gleisdorf ist - naja, ein Wohnzimmer. Dort eine Musikertruppe nebst der Kirchengemeinde zu positionieren, die zu jedem zwei bis vier Meter Abstand hat, ist nur möglich, wenn einer in der Sakristei, einer auf der Kanzel und einer vor der Tür im Freien steht. (Also wir hätten uns schon ausgemacht gehabt, wer wo steht, weil im Freien hätte man rauchen können, in der Sakristei hätte es was zum Trinken gegeben und so weiter. Aber es hätte die Qualität der Musik und die Feierlichkeit der Szenerie vielleicht doch negativ beeinflusst.) Nachdem das allen bewußt wurde, hat sich die Frau Pfarrer bei der Karin erkundigt, wieso das bei den Katholiken alles kein Problem ist und wir stellten fest, dass es vielleicht daran liegt, dass man die evangelischen Kirchen mitsamt ihrem Turm in ihre katholischen Schwesternbauten hineinstellen könnte, so riesig wie die sind.

Tja, und dann hat die Frau Pfarrer ihre katholischen Pfarrerkollegen in Feldbach und Gleisdorf einfach gefragt, ob es nicht möglich wäre, den Reformationstag in den Katholischen Gotteshäusern zu feiern, coronabedingt. Und was soll ich sagen? Sie haben beide ja gesagt.

So kam es also, dass die Karin, die Gudrun, der Georg, der Ebi und der Martin (der Klaviermartin, nicht der Luther Martin) nach einer kurzen - weil bis zum Schluss nicht klar war, zu wievielt wir sein würden werden dürfen und welche Musik dadurch möglich gewesen sein hätte wäre - Übungsphase (Gott sei Dank hat unser Haus so große Fenster. Die können wir auch hemmungslos aufmachen, weil die Nachbarn an die Halbspinnerten mit ihrem Biobauernhof eh schon seit Langem gewöhnt sind, und dann kommt ständig frische Luft herein (und alte Musik hinaus) ( :) ) und es zieht (also schon mehr wegen der Luft als wegen der Musik) - und dann freut sich die Karin, die ja eigentlich Wienerin ist, weil in Wien zieht´s ja auch ständig, und sie fühlt sich zu Hause wie zu Hause...) am 31. Oktober in der Früh nach Feldbach gepilgert sind, um in der katholischen Stadtpfarrkirche Feldbach den Reformationstag der Evangelischen Gemeinde Feldbach musikalisch  zu umrahmen.

(Darüberhinaus hatten wir übrigens vereinbart, dass wir am Vorabend in dieser Kirche proben konnten, und der Herr Pfarrer hat sich sofort dazu bereit erklärt, danach noch die Kirche abzuschließen, wann auch immer wir fertig wären..!)

 

 

Und es geschah, wie es geschrieben stand (also, ich hab's eigentlich erst aufgeschrieben, nachdem es geschehen war, aber ab dann stand es geschrieben): Die Kirche war feierlich geschmückt und feierlich gefüllt, die Frau  Pfarrer hatte sich rasch an den ungewöhnlich großen Raum gewöhnt und hat ihn mit einem schönen Gottesdienst zum Reformationstag gefüllt.

Und dazwischen haben wir unsere Musik gegossen, geschrieben von Vulpius, Bach, Schütz, Mendelssohn, Karin und Luther (auf speziellen Wunsch der Gemeinden durfte auch die "evangelische Hymne" "Ein feste Burg ist unser Gott" nicht fehlen). Die Susi (die diesmal leider auch nicht dabei war) hat schon recht, wenn sie sagt, dass ein Maler sein Bild malt und dann ist es fertig und es bleibt so fertig, wie es ist. Ein Musiker schafft das Kunstwerk jedes Mal, wenn er es musiziert, neu und muss es auch jedes Mal neu schaffen und immer wird es neu klingen und wenn gerade kein Ohr da ist es zu hören, dann ist es einfach so einmalig verklungen.

Aber wenn die Musik auf Ohren trifft, dann berührt sie meist mehr als nur das Trommelfell, zumindest wenn sie offen sind - und das ist dann etwas sehr Schönes!

(: Georg :)

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